Steuerbefreiungen bei der Grunderwerbsteuer
In verschiedenen Konstellationen sind Grundstückserwerbe von der Grunderwerbsteuer befreit. Der häufigste Fall, nämlich der Immobilienkauf unter fremden Dritten ist dagegen nicht steuerbefreit. Allerdings gibt es gerade bei familiärem Bezug, Erbschaften oder Schenkungen sowie bei Beteiligung von Gesellschaften Befreiungstatbestände, nach denen ganz oder teilweise keine Grunderwerbsteuer anfällt.
Übersicht zu den Steuerbefreiungen bei der Grunderwerbsteuer
In der folgenden Übersicht ist schlagwortartig dargestellt, welche Erwerbsvorgänge regelmäßig keine Grunderwerbsteuer auslösen.
Steuerbefreiung | Hinweis | GrEStG |
Bagatellfälle bis 2.500 € | Liegt die Bemessungsgrundlage über 2.500 €, fällt auf den gesamten Erwerb Grunderwerbsteuer an (Freigrenze). | § 3 Nr. 1 |
Grundstückserwerbe durch Schenkung oder Erbschaft | Besondere Vorsicht ist bei teilentgeltlichen Schenkungen und Auflagen (z.B. Nießbrauchsvorbehalt) geboten, je nach Steuerklasse und Freibetrag muss die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht immer „günstiger“ sein. | § 3 Nr. 2 |
Erwerbe eines Grundstücks aus dem Nachlass durch Miterben | Grundstücksübertragungen nach der Erbauseinandersetzung oder durch Vermächtnisnehmer sind von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. | § 3 Nr. 3 |
Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten | Die Steuerbefreiung ermöglicht u.a. bei vermieten Immobilien interessante Gestaltungsmöglichkeiten zur Erhöhung der Abschreibung. | § 3 Nr. 4 |
Grundstückserwerb des früheren Ehegatten nach der Scheidung im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung | Grundstücksübertragungen nach Scheidung können innerhalb der 10-Jahres-Frist Spekulationssteuer auslösen. | § 3 Nr. 5 |
Grundstückserwerbe innerhalb der Familie von verwandten in gerader Linie wie Eltern, Kindern oder Enkelkindern und deren Ehegatten sowie in bestimmten Adoptionsfällen | Die Steuerbefreiung gilt nicht für Grundstückserwerbe unter Geschwistern, die in der Seitenlinie verwandt sind. | § 3 Nr. 6 |
Übertragung von Immobilien auf bestimmte Grundstücksgesellschaften oder umgekehrt | Diese Befreiungsvorschriften erlauben es in bestimmten Fällen Grundstücke ganz oder teilweise grunderwerbsteuerfrei zu übertragen, allerdings sind u.a. Vor- und Nachbehaltensfristen zu beachten (längstens bis 31.12.2026 anwendbar). | § 5, § 6 |
Umstrukturierungen im Konzern | Nur bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen sind grunderwerbsteuerfrei möglich. | § 6a |
In den verlinkten Beiträgen sind die Steuerbefreiungen näher erläutert. Die Übersicht beschränkt sich auf die häufigsten Fälle, weitere Befreiungen von der Grunderwerbsteuer können sich z.B. aus dem Zusammenspiel mehrerer Befreiungstatbestände ergeben.
Vorgehensweise
Im Einzelfall ist stets genau zu prüfen, ob wirklich alle Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift erfüllt sind. Dazu reicht es nicht, dass der Sachverhalt der obengenannten schlagwortartigen Bezeichnung entspricht, da teilweise mehrere Tatbestandvoraussetzungen zusammen erfüllt sein müssen, damit die Steuerbefreiung tatsächlich greift.
Praxistipp:
Bei Zweifeln, ob ein bestimmter Erwerbsvorgang tatsächlich grunderwerbsteuerfrei ist, sollte unbedingt ein versierter Rechtsanwalt bzw. Steuerberater hinzugezogen werden.
Wie schnell sich kleine Sachverhaltsänderungen auf die steuerliche Beurteilung auswirken können, zeigt folgendes Beispiel mit Abwandlung:
Beispiel:
Die kinderlose Witwe übertragt eine Immobilie in Hessen im Wert von 1 Mio. € an ihren Neffen, also den Sohn des Bruders oder der Schwester. In diesem Fall unterfällt die Schenkung der Immobilie dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, sodass Grunderwerbsteuer vermieden wird (§ 3 Nr. 3 GrEStG). Wegen des niedrigen Freibetrags in Höhe von lediglich 20.000 € fällt jedoch Schenkungsteuer an.
Abwandlung:
Die Witwe verschenkt die Immobilie im Wert von 1 Mio. € an den Neffen, behält sich jedoch den Nießbrauch vor (Wert: 100.000 €), d.h. sie kann die Immobilie bis zum Tod selbst nutzen oder bspw. vermieten. In dieser Konstellation liegt in Höhe des Nießbrauchs keine Schenkung vor, allerdings fällt auf den Nießbrauch Grunderwerbsteuer an (§ 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG, in Hessen bei 6% Grunderwerbsteuer also 6.000 €). Die Schenkungsteuer fällt dafür etwas geringer aus, da der steuerpflichtige Erwerb 100.000 € niedriger ist.
Fazit
Gehen die Beteiligten davon aus, dass ein bestimmter Sachverhalt grunderwerbsteuerfrei ist und stellt sich nachträglich das Gegenteil heraus, ist dies nicht nur ärgerlich, sondern kann bei Steuersätzen von bis zu 6,5% zzgl. Verspätungszuschlägen von 0,25% pro Monat auch sehr teuer werden. Vor diesem Hintergrund sollte stets genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt sind. Wurde unberechtigterweise eine Steuerbefreiung versagt, sollte unbedingt innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Grunderwerbsteuerbescheids Einspruch eingelegt werden.
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